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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 06.09.1999
Aktenzeichen: 2 WF 95/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 93 | |
ZPO § 93c | |
ZPO § 91a | |
BGB § 1599 Abs. 2 | |
BGB § 1592 Nr. 2 |
Der zur Zeit der Geburt eines Kindes mit dessen Mutter verheiratete Mann, der dessen Vaterschaft verneint, braucht statt der Klage auf Anfechtung der Vaterschaft das Kind jedenfalls dann nicht zu der Klärung der Vaterschaft nach 1599 Abs. 2 BGB (Anerkennung durch den wahren Vater) auffordern, wenn die Mutter des Kindes keine Bereitschaft gezeigt hat, auf eine öffentliche Beurkundung der Vaterschaft des wahren Vaters hinzuwirken.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -
2 W F 95/99 31 F 78/99
Karlsruhe, 06. September 1999
Familiensache
wegen Feststellung der Vaterschaft hier: sofortige Beschwerde gegen Kostenentscheidung
Beschluß
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 23.06.1999 (31 F 78/99) dahingehend abgeändert, daß die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert entspricht der Hälfte der in erster Instanz entstandenen Kosten.
Gründe:
I.
Der Kläger War mit der Mutter des beklagten Kindes verheiratet. Es ist am 18.12.1998 und damit nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags seiner Mutter in dem Scheidungsverfahren mit dem Kläger geboren. Das Scheidungsurteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 23.11.1998 (31 F 110/97) ist am 12.02.1999 rechtskräftig geworden.
Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger mit am 11.05.1999 zugestelltem Schriftsatz vom 26.04.1999 festzustellen, daß die Beklagte nicht sein Kind ist. In ihrer Klagerwiderung vom 25.05.1999 führte die Beklagte aus, es sei unbestritten, daß der Kläger nicht ihr Vater sei; die Anerkennung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater sei bisher aus formalen Gründen nicht möglich gewesen, werde jedoch in Kürze erfolgen.
In einer Urkunde des Jugendamts des Rhein-Neckar-Kreises über die Anerkennung der Vaterschaft nach § 1599 Abs. 2 BGB vom 27.05.1999 anerkannte der Vater der Beklagten zu sein.
In der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts vom 23.06.1999 stimmte der Kläger der Vaterschaftsanerkennung zu. Hierauf erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Mit Beschluß vom 23.06.1999 erkannte das Amtsgericht dahin, daß der Kläger die Kosten des Rechtsstreits trägt.
Es erscheine billig, daß der Kläger die gesamten Kosten trage. Er hätte die Mutter der Beklagten vor Klagerhebung auffordern müssen, ein Vaterschaftsanerkenntnis durch den leiblichen Väter zu veranlassen und dazu seine - des Klägers - Zustimmung zu erklären.
Dadurch hätte der Kläger gemäß §§ 1599 Abs. 2, 1592 Nr. 2 BGB nicht mehr als Vater der Beklagten gegolten. Da der Kläger vorgerichtlich zu der kostengünstigen Klärung der Vaterschaft nicht aufgefordert und so unnötige Kosten veranlaßt habe, müsse er die Kosten in vollem Umfang tragen.
Gegen den am 15.07.1999 zugestellten Beschluß hat der Kläger mit am 20.07.1999 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er erreichen möchte, daß die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.
Er habe die Mutter der Beklagten mündlich aufgefordert, ihm zu sagen, wer der leibliche Vater des beklagten Kindes sei. Sie habe sich jedoch nicht eindeutig geäußert und erst recht keine Bereitschaft gezeigt, auf eine öffentliche Beurkundung der Vaterschaft hinzuwirken. Außerdem sei ihm durch das Jugendamt mitgeteilt worden, daß die Beklagte als sein Kind anzusehen und er ihr gegenüber unterhaltspflichtig sei, falls er die Vaterschaft nicht anerkenne. Letzterer habe sich zum Zeitpunkt der Klagerhebung in Behandlung des Zentrums für Psychiatrie in Wiesloch befunden, so daß eine Anerkennung aus - formalen Gründen - (so auch die Beklagte) gar nicht möglich gewesen sei. Nach allem sei der Rechtsstreit für ihn unvermeidlich gewesen.
II.
Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Sie führte zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, daß die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben sind. 1. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- u. Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 91 a Abs. 1 ZPO. Im allgemeinen gibt der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag, d. h. es wird der die Kosten zu tragen haben, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO aufzuerlegen gewesen wären (Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 91 a Rn. 24 m. w. N.). Danach sind, da die Klage auf Anfechtung der Vaterschaft aller Voraussicht nach Erfolg gehabt hätte, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, vgl. § 93 c ZPO. Von diesem Grundsatz ist auch das Familiengericht ausgegangen. Es hat jedoch eine "Billigkeitskorrektur" mit der Erwägung vorgenommen, der Kläger hätte statt der Erhebung der Anfechtungsklage den kostengünstigen Weg wählen müssen, eine Anerkennung der Vaterschaft über § 1599 Abs. 2 BGB durch den wirklichen Vater zu erreichen, eine Regelung die eine Vaterschaft unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen ohne Anfechtungsverfahren zum Erlöschen bringt. Nach seinem Beschwerdevorbringen, das vom Amtsgericht nicht (mehr) berücksichtigt werden konnte, kann zu Lasten des Klägers weder im Rahmen einer "reziproken" Anwendung des Grundsatzes von § 93 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., Rn. 25) angenommen werden, die Beklagte habe ihm keine Veranlassung zur Klage gegeben, noch habe der Kläger seine Anfechtungsklage mutwillig erhoben (Zöller/Vollkommer, a. a. O.). Der Kläger hat in seiner Beschwerde unbestritten vorgetragen, die gesetzliche Vertreterin der Beklagten habe keine Bereitschaft gezeigt, auf eine öffentliche Beurkundung der Vaterschaft hinzuwirken. Schon danach kann dem Kläger nicht angelastet werden, daß er das vorliegende Anfechtungsverfahren eingeleitet hat. Auf die weiteren zur Rechtfertigung seines Vorgehens vom Kläger vorgebrachten Gründe braucht somit nicht mehr eingegangen werden. Vielmehr entspricht es nach dem Dargelegten auch der Billigkeit, entsprechend der Vorschrift des § 93 c ZPO die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Beschwerdewert wurde nach der Differenz der von ihm begehrten Kostenverteilung (Kosten gegeneinander aufheben) zu der von ihm beanstandeten vollen Auferlegung der Kosten auf ihn selbst festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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